Ausgangslage
Das Schlagwort "Blackberry" ist schon längere Zeit ein Begriff. Bisher kennt man hierzulande die Geräte primär von grösseren Unternehmen, welche die serverbasierte Blackberry-Lösung im Einsatz haben, jedoch nicht als Gerät für Privat- oder KMU-Kunden. Orange hat nun kürzlich den Orange Blackberry Internet Service lanciert, zusammen mit dem Blackberry 7290, welcher den Blackberry-Einsatz auch für Privat- und KMU-Kunden interessant macht. Was das Gerät und der Service her gibt, konnten wir mit einem Testgerät, welches uns Orange freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, ausreizen. Gleich vornweg: Nichts für Anwender, die schon den ganzen Tag vor einem Computer mit Mailanschluss sitzen, jedoch *das* Gerät für alle, die oft unterwegs und ohne Zeitaufwand E-Mails "nachgetragen" haben wollen.
Das Gerät
Der Blackberry 7290 kommt breit (74mm), flach (20mm) und leicht daher. Er liegt bedingt durch seine Abmessungen sicher in der Hand, ohne jedoch zu schwer in der Hand zu lasten (139g). Auf der linken Geräteseite befinden sich der USB-Anschluss sowie die Kopfhörerbuchse für das kabelgebundene Headset. Oben an der Gerätekante befindet sich eine Taste, um direkt die Telefonseite öffnen zu können. Ebenfalls zeigt eine Benachrichtigungs-LED oben rechts am Gerät in mehreren Farben blinkend den Status des Gerätes an. Auf der Geräteunterseite befindet sich die QWERTZ-Tastatur.
Das Display
Das Display des Blackberry überzeugt: Es ist das bisher bei allen Lichtsituationen am besten ablesbare Display, das wir je in einem Smartphone angetroffen haben. Neonlicht, heller Sonnenschein, dunkle Nacht, alles kein Problem. Das 240*160 Pixel grosse Display mit 65"536 Farben und die Benutzerschnittstelle mit gut erkennbaren Icons geben Aufschluss über die gerade aktiven Funktionen, Batterieladestand, Uhrzeit/Datum, GPRS-Verfügbarkeit und Netzstärke. Auf einen Blick ist auch ersichtlich, ob gerade Daten übertragen werden oder nicht, ob ein Alarm aktiv ist, Bluetooth aktiv und/oder verbunden ist.
Bedienung
Die hauptsächliche Bedienung und Steuerung der Blackberryfunktionen erfolgt neben der eigentlichen Texteingabe durch die Tastatur über das sog. Trackwheel und eine Escape-Taste auf der rechten Geräteseite. Mit dem Trackwheel wird der Cursor auf dem Display bewegt oder Bildschirmeinträge markiert. Wird das Trackwheel gedrückt bzw. geklickt, wird in den meisten Bildschirmansichten ein Menü mit verfügbaren Aktionen angezeigt und/oder die angewählte Funktion aktiviert. Mit der Escape-Taste beendet man die gerade aktuelle Bildschirmansicht, bricht eine Aktion ab oder wechselt im Browser eine Seite zurück. Ebenfalls beendet man einen Telefonanruf mit Gedrückhalten der Escape-Taste. Für weitere Shortcuts über die Tastatur, mit der sich gewissen Funktionen in den einzelnen "Programmen" auf dem Blackberry direkt und schnell aufrufen lassen, steht eine übersichtliche und kurze gedruckte Anleitung zur Verfügung. Auch auf dem Blackberry steht eine umfangreiche Hilfefunktion zur Verfügung. Die im Einzelfall "überlebenswichtigen" Kürzel hat man schnell gelernt.
Telefonie
Mit der Taste oben am Gehäuse lässt sich die Telefoniefunktion für abgehende Anrufe schnell starten. Mit Klick auf das Trackwheel kann ein Anruf aus der Adresskartei gestartet werden, oder mit Scrollen aus der Liste der vergangenen Anrufe. Dank Quadband funktioniert die Telefonie in allen gängigen GSM-Netzen der Welt - vorausgesetzt der Mobilfunkanbieter unterstützt entsprechendes Roaming. Mit dem Blackberry am Ohr zu telefonieren ist leicht gewöhnungsbedürftig: Der Lautsprecher muss genau an das Ohr gehalten werden - bedingt durch die Abmessungen kann es leicht passieren, dass dies nicht der Fall ist und damit die Lautstärke unzureichend ist. Mit einiger Übung stellt dies jedoch kein Problem mehr dar. Mitgeliefert ist ein kabelgebundenes Headset - ernsthafte Headset User sollten jedoch gleich den Kauf eines Bluetooth Headsets in Betracht ziehen. In unserem Test haben wir den Blackberry mit einem aktuellen Sony Ericsson Headset sowie einer Jabra SP-100 Freisprechanlage per Bluetooth gekoppelt und auf Anhieb problemlos verwendet.
Orange Blackberry Internet Service
Bisher war der Blackberry auschliesslich (Schweiz) oder hauptsächlich (Deutschland, etc.) für Firmenkunden interessant bzw. verfügbar. Als erster Schritt musste firmenseitig die eigene Exchange- oder Lotus Notes/Domino-Infrastruktur mit der Blackberry Enterprise Server Software aufgerüstet werden, damit dann meist ein ganzer Pool von Nutzern bequem eingebunden werden konnte. Dabei entstehen neben den Installationskosten auch Lizenzkosten für die entsprechende Software. Die Höhe dieser Kosten und die meist damit verbundene Mindestzahl von Blackberry-Geräten machte die Nutzung für Privatkunden oder Kleinunternehmen wie Anwälte, Ärzte, EDV-Kleinfirmen etc. faktisch unmöglich.
Mit dem Blackberry Internet Service, in der Schweiz zum Zeitpunkt der Berichterstellung nur von Orange verfügbar, kann für 30.- CHF pro Monat (zusätzlich zu einem beliebigen Orange Abo) und ohne Notwendigkeit eigener Server-Infrastruktur und ohne Lizenzkosten für Software der Blackberry über ein einfaches und schlankes Webinterface für bis zu 10 externe POP/IMAP E-Mail Accounts konfiguriert werden. Die Konfiguration geht einfach vor sich: Als erstes wird online der Blackberry für ein neues E-Mail Konto
konfiguriert, danach werden per Webinterface die externen E-Mail Accounts eingebunden. Einmal eingerichtet, beginnt der Blackberry regelmässig E-Mail Nachrichten zu empfangen. Der Blackberry Internet Service ruft dabei alle 10-15 Minuten die Nachrichten auf den definierten E-Mail Konti ab und pusht diese auf das Endgerät. Auf dem übersichtlichen, schlanken und damit speditiv zu bedienenden Internetportal lassen sich zudem Signaturen, Absenderoptionen und weitere Parameter definieren. Zwei Bildschirmfotos des Webinterface finden Sie am Ende dieser Review.
Der Blackberry Internet Service wird von Orange offiziell zusammen mit dem Blackberry 7290 angeboten, sollte aber grundsätzlich mit jedem Gerät funktionieren, das über den Blackberry Web Connect Service verfügt. Weitere Geräte werden zur Zeit von Orange getestet (insb. Siemens SK65).
E-Mail- und SMS-Funktion
Die grosse Stärke des Blackberry liegt in der Fähigkeit, im sog. Push-Verfahren E-Mail Nachrichten direkt auf das Endgerät geliefert zu bekommen. Der grosse Vorteil liegt für den Benutzer darin, keine Zeit für den gezielten Abruf von E-Mail Nachrichten verwschwenden zu müssen: Die etlichen Klicks per Stift oder Tastatur für den E-Mail Abruf auf den gängigen Smartphones entfallen, ist die E-Mail Applikation geöffnet, ist man jederzeit im Bild über die aktuellen E-Mail Nachrichten. Diese Zeitersparnis sollte auf keinen Fall unterschätzt werden, man gewöhnt sich sehr schnell daran. E-Mails lassen sich auf dem kontraststarken Bildschirm sehr gut lesen, mit dem Trackwheel wird gescrollt, mit der Backspace Taste können Nachrichten gleich gelöscht werden. Dateianhänge werden von der Blackberry Server Software für den Blackberry optimiert und nur auf Wunsch direkt auf das Endgerät gestreamt. Der Empfang, Abruf und das Betrachten von Excel, Word und PDF-Dateien klappte in all unseren Versuchen einwandfrei.
Tipps
Der Blackberry optimiert die Dateiengrösse von empfangenen Nachrichtigen. Damit reichen die 3 MB Datentransfer, die im Orange Blackberry Internet Service mit ingebriffen sind, ziemlich weit. Aus Effizienzgründen empfiehlt es sich jedoch, unbedingt nur E-Mail Konti einzubinden, die mit einem effektiven Spam- und Virenschutz möglichst geschützt sind.
Browser
Der Blackberry verfügt über einen integrierten Browser. Mit diesem kann einerseits der Blackberry Internet Service direkt ab dem 7290 konfiguriert werden. Alternativ können aus Bookmarks oder mit Direkteingabe beliebige Internetadresse aufgerufen werden. Bedingt durch Datenmenge und Seitengrösse bzw. Bildschirmgrösse empfiehlt sich jedoch der Aufruf von für Mobilgeräte optimierten Websites. Unsere Favoriten, das Swissinfo Mobile Portal oder das Orange Portal können problemlos und schnell aufgerufen werden. Der Aufruf unseres OTRS Ticketing Systems mit dem Browser des Blackberry 7290 gelang jedoch leider nicht - bisher gelang dies einzig mit einem Nokia 9500 und den gängigen Microsoft Mobile basierten Smartphones. Kurz zusammengefasst, ein problemloser Browser zum Abruf von Informationen.
Ausdauer
Werkseitig werden 4h Dauergespräch und bis zu 9 Tage Standby angegeben. Zieht man in Betracht, dass der Blackberry immer mit aktuellen Mails versorgt wird, erstaunt die Ausdauer sehr: In unseren Tests konnte selbst mit aktiviertem Bluetooth und mehreren Telefonaten der Akku nicht so leicht in die Knie gezwungen werden. Selbst bei hartem Einsatz sind 2 Tage ohne Aufladen kein Problem. Der Verzicht auf Multimedia-Funktionen und die Blackberry-Hardware belohnen mit starker Ausdauer! Geladen wird die Batterie übrigens über ein Netzteil über den USB-Port oder über das mitgelieferte USB-Kabel.
Alles nur gut?
Es gibt kaum etwas, das man beim Blackberry 7290 beanstanden könnte. Was uns fehlte: Es gibt keine Möglichkeit, die per GPRS übertragene Datenmenge zu überwachen oder abzufragen. Zudem verfügt der Blackberry 7290 über eine Bluetooth Schnittstelle, die jedoch nur für Headset Betrieb freigeschalten ist - der Blackberry kann nicht per Bluetooth als Datenmodem herhalten, hierfür ist der Anschluss per USB Kabel notwendig. Ferner fällt die auf Intellisync basierende Blackberry Desktop Software für Windows zur lokalen Synchronisation von Kalender- und Adressdaten mit gängigen PIM-Applikationen gegenüber Active Sync von Microsoft zurück. Auf unserem Windows XP Notebook konnte die Software soweit problemlos installiert und der Blackberry mit den lokalen Adress- und Termindaten synchronisiert werden. Dank Pocketmac für Blackberry kann der 7290 übrigens auch mit gängigen Mac OS X Computern synchronisiert werden.
Drittprogramme gibt es nur wenige für den Blackberry, dafür sind diese meist sehr nützlich wie z.b. ein Passwortspeicher der sich mit dem eigenen Computer abgleichen lässt, oder ein mobiler RSS-Reader, SSH-Client, MSN/ICQ-Instant Messaging-Client oder eine "Today-Applikation" mit Termin/Mail/Wettübersicht. Programme lassen sich per Blackberry Desktop Client oder über den Browser auf dem Blackberry direkt aus dem Internet installieren. Eine gute Anlaufstelle für Software für den Blackberry ist Handango.com.
Fazit
Der Blackberry 7290 überzeugt als durchdachter und äusserst speditiv zu bedienender Kommunikationsprofi der feinsten Art. Es überzeugt nicht die Hardware alleine, sondern die durchdachte und stimmige Kombination von Hardware, Benutzerschnittstelle und Blackberry Internet Service. Wer mobil mit nur einem Gerät auf dem Stand der E-Mail Dinge bleiben und rasch und unproblematisch auf eine E-Mail oder SMS antworten will, der findet mit dem Blackberry die ideale Lösung. Wer jedoch ein multimediales Smartphone mit MP3 und Kamera sucht, ein Mobiltelefon als Datenmodem für den Laptop kaufen will oder den ganzen Tag vor einem Computer mit Internetanschluss sitzt, für den ist der 7290 weniger bzw. nicht zu empfehlen. Der Blackberry 7290 kostet bei Orange ohne Preisplan 999.- CHF, mit einem Abo kostet er zwischen 349.- und 539.- CHF. Zusätzlich zu den Abogebühren fallen 30.- CHF pro Monat für den Blackberry Internet Service an, wobei 3 MB Datentransfer inbegriffen sind. Ein Zusatz-Megabyte schlägt mit 10.- CHF zu Buche, Datenverkehr auf dem Orange Portal ist kostenlos, auf Wunsch kann ein Surf10 oder Surf25 Bundle von Orange dazu abonniert werden, was dann den Preis pro MB über 3 MB Datenverkehr stark reduzieren kann.
Links
Technische Daten
- Lieferumfang (Orange): Blackberry 7290, Netzteil, USB-Kabel, Cradle, Gürtelhalterung, Akku, Manuals, Headset (kabel)
- Gewicht 139g
- Abmessungen 113*74*20mm
- Bis 4h Sprechzeit / 9 Tage Standby
- 240*160 Pixel Display mit 65"536 Farben
- Quadband GSM 850/900/1800/1900
- Interner Speicher 32MB
- WAP 2.0
- Java MIDP 2.0
- Bluetooth
- GPRS Class 8
- Eingebautes Datenmodem (RIM wireless modem)
- QWERTZ-Tastatur
- Blackberry-Browser
- Blackberry-E-Mail
- SMS
- Wahlwiederholungs-Liste
- Liste erhaltener/verpasster Anrufe
- Konferenzgespräch
- Anrufdauer anzeigen
- Vibra-Alarm
- USB-Anschluss zur Verbindung mit PC
- Applikationen für Kalender, Notizen, Organiser, Rechner, Uhr, Wecker, Adressbuch, Aufgaben, Hintergründe, Bild-Viewer
- Flugmodus
- Tastensperre mit Passwort